Fit durch die Corona-Quarantäne – So wird das Wohnzimmer zum Fitness-Studio
Sich im Fitness-Studio auspowern, Fußball spielen mit den Vereinskollegen oder im Hallenbad ein paar Bahnen ziehen – in Zeiten von Corona und Social-Distancing ist das nicht möglich. Zum Glück kann man sich fit halten, ohne die eigenen vier Wände zu verlassen – sogar kostenlos. Wir haben fünf Sportangebote getestet.
Zahlreiche Studien belegen, dass regelmäßiger Sport das Immunsystem stärkt, die Konzentration fördert und zudem für die Ausschüttung von Glückshormonen sorgt. Glück, Gesundheit und Nerven wie Drahtseile – das klingt fantastisch. Ich arbeite seit nunmehr vier Wochen im Home-Office und seitdem besteht mein Workout aus dem Gang vom Bett zum Schreibtisch, vom Schreibtisch zum Kühlschrank und vom Schreibtisch zum Sofa. Normalerweise würde ich nach der Arbeit im Fitness-Studio vorbeifahren, doch das hat bis auf Weiteres geschlossen. Joggen liegt mir nicht, aber weiter untätig herumsitzen möchte ich auch nicht. Deshalb brauche ich Alternativen. Aber bitte ohne Vertragsbindung und Ausrüstung, denn bis auf eine Yogamatte und zwei kleine Hanteln habe ich nichts zu Hause.
Body Combat: Richtig auspowern
Normalerweise habe ich jeden Montagabend ein Date in meinem Fitness-Studio: 55 Minuten Body Combat, ein Mix aus Kampfsportarten wie Karate, Kickboxen und Taekwondo. Die Choreografie stammt aus der Feder von Les Mills, einem internationalen Anbieter für Gruppenfitnessprogramme. Dabei komme ich so richtig ins Schwitzen und kann abschalten. Angeboten werden diese Kurse nur im Fitness-Studio, doch aufgrund der Covid-19-Pandemie macht das Unternehmen eine Ausnahme.
Eine Auswahl an Trainingsvideos steht derzeit kostenlos zur Verfügung – darunter auch Body Combat. Also nichts wie rein ins Sportoutfit und ab vor den Fernseher. Zwar macht ein Gruppenfitnessprogramm allein weniger Spaß, aber meine Fitnessuhr verrät mir, dass ich genauso viele Kalorien verbrenne wie im Studio. Ein bisschen Platz vor dem TV-Gerät braucht man allerdings schon, denn der Kreislauf wird mit zahlreichen Sprüngen, Tritten und Seitwärtsbewegungen in Gang gebracht. Das ist leider nicht der einzige Nachteil. Während ich die Moves aus dem Body Combat-Programm schon in- und auswendig kenne, stoße ich bei anderen Angeboten schnell an meine Grenzen und muss immer wieder pausieren, um die Bewegungen zu verstehen. Wer es trotzdem ausprobieren möchte, der schaut sich das jeweilige Video besser erst einmal in Ruhe an und prägt sich alles ein. Zudem sind nicht alle Angebote auf Deutsch, und bei einigen benötigt man zusätzliches Zubehör.
Yoga: Ruhig bleiben
Während eine schlechte Nachricht auf die nächste folgt, fällt es schwer, Ruhe zu bewahren. Yoga soll da bekanntlich helfen. Dabei soll man nicht nur Entspannung und seine innere Mitte finden, sondern auch noch Koordinationsfähigkeit, Flexibilität und Kraft stärken sowie den Stoffwechsel in Schwung bringen. Auf Youtube gibt es zahlreiche Videos sowohl für Fortgeschrittene als auch für Anfänger wie mich. Aufgebaut sind die Angebote ganz ähnlich. Sie bestehen aus Meditation und Atemübungen, unterschiedlichen Yogaposen sowie einer Entspannungsphase.
Ich bin auf dem Kanal der wohl bekanntesten deutschsprachigen Yoga-YouTuberin, Mady Morrison, hängengeblieben. Bei den Posen merke ich, dass man nicht mal eben so Yoga lernt. Mein „herabschauender Hund“ sieht vermutlich eher aus wie ein sterbender Schwan. Anfänger müssen ihren Anspruch auf Perfektion definitiv herunterschrauben. Aber Mady beruhigt schon zu Beginn des Videos für Anfänger, dass es erst einmal nur darum gehen soll, die Grundlagen zu lernen. Tatsächlich merke ich, dass mir die zahlreichen Dehnübungen nach der Arbeit am Schreibtisch definitiv guttun. Die Videos sind meist zwischen 10 und 20 Minuten lang. Perfekt also für die Mittagspause. Und weil ich mich so sehr auf die einzelnen Posen konzentriere, vergesse ich auch schnell die Sorgen des Alltags. Um dauerhaft meine innere Mitte zu finden, brauche ich aber vermutlich noch ein paar Stunden.
Live-Workouts: Besser jetzt als gleich
Exotische Urlaubsreisen, neue Modetrends und süße Tiere – wer Fotos hat, die er mit der Welt teilen möchte, postet sie auf Instagram. Seit Corona nutzen aber auch immer mehr Blogger, Studios und Fitnesscoaches die Plattform, um live mit ihren Followern zu trainieren. Wie das Wort „live“ schon vermuten lässt, gehen die Instagramer zu einer festgelegten Uhrzeit online und jeder, der Lust und Zeit hat, kann direkt mitmachen. Wer also wie ich unter chronischer Aufschieberitis leidet, der bekommt sozusagen einen virtuellen Tritt in den Hintern. Von Yoga bis hin zu Kraft- und Ausdauertraining ist alles dabei. Das Angebot ist sogar noch umfangreicher, wenn man sich bei den englischsprachigen Bloggern und Trainern umschaut.
So bietet das Londoner Studio „Sweat It“ jeden Tag ein anderes Workout an – jeweils mittags und abends. Und weil die gemeinsam mit zahlreichen anderen Fitnessfans genau in diesem Moment mit mir zusammen online sind, stellt sich schnell ein Gruppengefühl ein. Trotz Kontaktsperre fühle ich mich in dem Moment tatsächlich weniger allein. Weitere Angebote habe ich mittlerweile auch schon auf Youtube gefunden. Und wenn ich es doch nicht rechtzeitig schaffe, habe ich die Gewissheit, dass ich die Trainings im Archiv finde.
Den Frust wegtanzen
Wie gerne würde ich mal wieder an einem Samstagabend feiern gehen. Einfach gute Musik hören und die ganze Nacht tanzen. Auch das ist momentan tabu. Allerdings lassen sich Tanzen und Sport gut verbinden. Warum also nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? In den sozialen Medien gibt es nicht nur unglaublich viele Kraft-Workouts, sondern auch Tanz-Videos – von Ballett bis Zumba. Zum Beispiel auf dem deutschsprachigen YouTube-Kanal von Happy and Fit Dance.
Wer behauptet, dass Tanzen kein richtiger Sport sei, der hat es scheinbar noch nicht selbst probiert. Zum einen bringt es mich schon ins Schwitzen, mich auf die Bewegungen zu konzentrieren. Zum anderen geht es bei den Fitnessangeboten um Haltung und Körperspannung. Ich habe das Gefühl, dass ich gerade so ziemlich alle Muskelgruppen ordentlich trainiere und ich am Ende mit einem ordentlichen Muskelkater belohnt werde. Allerdings bin ich zum ersten Mal froh, dass ich zu Corona-Zeiten allein trainieren muss, denn vermutlich hätten andere Kursus-Teilnehmer morgen einen Muskelkater vom Lachen, weil ich mich wirklich ungeschickt anstelle. Aber letztendlich ist das ja egal: Hauptsache es macht Spaß.
Das Handy als Trainer
Sport-Apps gibt es nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie wie Sand am Meer. Da die geeignete App zu finden, hat sich echt als Mammutaufgabe erwiesen – die mich am Ende fast in den Wahnsinn getrieben hat. Los geht es schon damit, dass viele Angebote zwar auf den ersten Blick kostenlos sind, ich dann aber In-App-Käufe tätigen oder Abos abschließen müsste, um alles nutzen zu können. Egal welche App ich auch herunterlade, immer wieder läuft es darauf hinaus, dass ich mich unwohl fühle, sie zu benutzen. Schließlich möchte ich nichts abonnieren – auch die Versprechen, dass alles wunderbar auch ohne Zahlungen funktioniert, beruhigen mich nicht.
So wird für mich schon die App-Suche ziemlich schweißtreibend. Am Ende probiere ich die App „Das 5-Minuten-High-Intensity-Training“ (Android Download oder Apple Download) aus. Es wird zwar versucht, mich dazu zu überreden, das begleitende Buch zu kaufen, die App kann ich aber trotzdem kostenlos nutzen. Die fünfminütigen Videos sollen bei regelmäßigem Nachmachen dabei helfen, Fett zu verbrennen und Muskeln zu stärken. Zusätzlich, und das ist wirklich gut gemacht, gibt es Lernvideos zu den Themen Training und Ernährung. Überzeugen kann mich das Training per App aber nicht so richtig. Die Suche hat ewig gedauert und letztendlich ist mir auch der Handybildschirm viel zu klein, um damit vernünftig zu trainieren.
Mein Fazit
Die Auswahl an Fitnessangeboten im Internet ist wirklich riesig. Für jeden Geschmack und jedes sportliche Level scheint etwas dabei zu sein. Nachdem ich mich so fleißig durch die Videos und Apps trainiert habe, stellt sich mir allerdings auch die Frage: Wie effektiv und vor allem wie sicher sind die Trainingseinheiten für zu Hause? Gibt es Übungen, die sich besonders gut eignen? Darüber habe ich mit dem Physiotherapeuten Kolja gesprochen. Seine Antworten könnt ihr schon bald hier im Fitmacher Online Magazin lesen.