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Datum:15.02.2021 - Kategorie:Familie
Lesedauer:ca. 15 Min.

So verkraften Kinder eine Trennung

Ein Seitensprung, ständiger Streit, unterschiedliche Lebensziele – Gründe, warum Beziehungen auseinandergehen, gibt es viele. Mehr als jede dritte Ehe in Deutschland wird geschieden. Sind gemeinsame Kinder im Spiel, wird es besonders kompliziert. Für sie bricht oft eine Welt zusammen, wenn Mama oder Papa auszieht. Wie Eltern ihre Kinder auf diesen Moment vorbereiten können, erklärt Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut Dr. Klaus Riedel.

Viele Eltern bleiben nur wegen der Kinder zusammen, eine gute Idee?

Das hängt von der Atmosphäre und den Spannungen ab. Wenn zuhause nur noch Wut, Hass oder Schweigen zwischen den Eltern an der Tagesordnung sind, dann ist es besser, sich zu trennen. Falls es noch einigermaßen geht, würde ich eine Mediation oder Paarberatung empfehlen. Grundsätzlich kann man sagen, dass ungünstige Zeitpunkte für eine Trennung möglichst vermieden werden sollten. Also Abschnitte im Leben des Kindes, die sowieso schon besonders aufreibend sind; dazu zählen zum Beispiel ein Kindergarten- oder Schulwechsel oder ein Umzug. In diesen Zeiten könnte eine Trennung die emotionale Balance zu stark aus dem Gleichgewicht bringen. 

Die Trennung ist beschlossen, wie und wann sollte man mit den Kindern reden?

Im Idealfall sollten die Eltern das Gespräch mit den Kindern gemeinsam suchen. Falls die Kinder die Spannungen in der Beziehung mitbekommen haben – was ja meistens der Fall ist –, ist es wichtig, ihnen ein Erklärungsmodell an die Hand zu geben. Das könnte zum Beispiel so aussehen: „Dass wir streiten, hat nichts mit euch zu tun. Mama und Papa verstehen sich als Paar einfach nicht mehr gut, wir bleiben aber trotzdem auf jeden Fall Mama und Papa für euch.“ Die Paarebene und die Elternebene sollten unbedingt voneinander getrennt werden.

Ich empfehle, den Kindern die Gründe für die Trennung so ehrlich wie möglich zu erklären, damit sie die Schuld nicht auf sich schieben, denn dazu neigen insbesondere jüngere Kinder.

Falls es bei einem Elternteil zum Beispiel einen neuen Partner gibt, könnte man unter anderem sagen: „Damals, als ihr geboren wurdet, da war eine große Liebe zwischen uns. Diese Liebe ist leider nicht mehr da. Und das gibt Raum für neue Liebe.“ Oder: „Papa hat eine neue Freundin kennengelernt.“ Entscheidend ist, dass die Kinder das Vertrauen zu den Eltern behalten und sich nicht hintergangen fühlen.

Und wie bereitet man sich auf das Gespräch vor?

Ich rate, genügend Raum und Zeit einzuplanen. Es ist wichtig, dass man die Kinder im Anschluss an das Trennungsgespräch fragt, welche Gefühle und Gedanken sie dazu haben. Außerdem kann es nicht schaden, zu wissen, wie es nach dem Gespräch weitergeht. Die Tochter könnte zum Beispiel einen Spaziergang mit Mama und der Sohn einen mit Papa machen. Oder die Kinder könnten sich mit Freunden treffen. Ganz wichtig ist, dass die Eltern sich – auch wenn die Nerven blank liegen – gegenseitig wertschätzend behandeln. Ist dies nicht möglich, sollte besser darauf verzichtet werden, gemeinsam das Gespräch mit dem Kind zu führen. Wer sich mit dem Gespräch überfordert fühlt, kann sich kostenfrei bei einer Familien- und Erziehungsberatung Hilfe holen. Ich empfehle außerdem immer gerne die Broschüre "Eltern bleiben Eltern“ von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung e.V.

Warum fühlen sich Kinder oft für die Trennung ihrer Eltern schuldig?

Forschungen haben gezeigt, dass sich Kinder in ihren ersten sieben Lebensjahren als Mittelpunkt der Welt erleben. Sie denken dann schnell, dass sich die Eltern trennen, weil sie zum Beispiel nicht aufgeräumt oder ihre Schulaufgaben nicht gemacht haben. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, das Kind zu entlasten und ihm beispielsweise zu sagen: „Du bist nicht schuld daran, dass wir uns getrennt haben, und du kannst das auch nicht ändern“.

Wie kann man Kindern helfen, die Scheidung/Trennung zu überstehen?

Da gibt es einige wichtige Punkte: Eltern sollten die Kinder für ihren Umgang mit der Situation ausdrücklich wertschätzen. Ihnen sagen, dass sie tapfer sind, leider viel miterleben mussten und müssen und das beachtlich ist. Außerdem sollte man ihnen eine Zukunftsperspektive bieten. Ihnen mitteilen, dass Mama sich zum Beispiel eine neue Wohnung sucht, es aber klare Regelungen gibt, wann man sich unter der Woche und am Wochenende sieht. Je älter die Kinder sind, desto mehr Mitspracherecht ist natürlich möglich. Grundsätzlich ist es auf jeden Fall wichtig, genau zu erklären, warum es besser ist, wenn die Kinder bei Mama oder bei Papa wohnen. Ein weiterer Punkt ist ein verlässliches soziales Beziehungsnetz. Die Kinder erleben, dass eine wichtige Bindung auseinanderbricht. Umso wichtiger ist es, Bindungen, die ihnen Sicherheit und Halt geben, zu stabilisieren und auszubauen: Kinder sollten jemanden haben, mit dem sie über ihre Ängste und Sorgen sprechen können. Dies kann zum Beispiel eine Tante sein, ein Elternteil von Freunden des Kindes oder ein Sozialarbeiter. 

Bauen Sie die Dinge aus, die den Kindern schon vor der Trennung Energie gegeben haben: Aktivitäten wie Vorlesen, Reiten, Fußball oder der Ausflug in den Tierpark – es ist gut, wenn die Kinder merken, dass jetzt nicht alles schlechter wird, nur weil Mama und Papa sich trennen. Wichtige Botschaften an Kinder, wenn Eltern sich trennen, sind: „Du verlierst keinen von uns“ oder „Wir wohnen jetzt zwar nicht mehr zusammen, aber wir haben dich genauso lieb wie vorher“.

Was sind die häufigsten Fehler, die Eltern im Umgang mit der Situation machen – und wie vermeidet man diese?

Oft entwickelt sich zwischen den Eltern eine Art Rosenkrieg. Negative Gefühle wie Hass, Kränkung, Verzweiflung breiten sich in der gesamten Familie aus. Auch, wenn der Stress einen dafür natürlich anfällig macht, sollte man versuchen, sich rational auf die Dinge zu fokussieren, die es zu klären gibt. Wenn Eltern respektvoll, kooperativ und konfliktarm zusammenarbeiten, können sie ihre Kinder vor zusätzlicher emotionaler Belastung schützen. Ein absolutes No-Go hingegen ist es, vor den Kindern schlecht über den anderen Elternteil zu sprechen. Sprüche wie „Du bist schon wie dein Vater“ sind tabu. Schließlich wird dadurch automatisch ein Teil des Kindes, das ja durch beide Eltern entstanden ist, entwertet. Solche Aussagen können für das Kind sehr schmerzhaft sein. 

Ich versuche Eltern bewusst zu machen, dass sie ihren Kindern als Modell dafür dienen, wie mit Konflikten umgegangen wird. Sie sollten sich also regelmäßig fragen: Welches Vorbild möchte ich meinen Kindern sein? Welche Umgangsstile möchte ich weitergeben? 

Was sind typische Reaktionen von Kindern auf die Trennung ihrer Eltern?

Das hängt sehr vom Alter und ihrer individuellen Persönlichkeit ab. Introvertierte Kinder ziehen sich vielleicht noch stärker zurück, andere hingegen reagieren aggressiv. Bei kleinen Kindern kann es vorläufig zu einer Rückentwicklung kommen, sie machen wieder in die Hose oder haben Schlafstörungen. Ältere Kinder ab dem Grundschulalter hingegen werden manchmal besonders brav, sie machen zum Beispiel alles für Mama, weil es ihr ja schlecht geht. Hier muss man aufpassen, dass die Kinder nicht zu sehr in eine Erwachsenen- oder Partnerersatzrolle verfallen – in der Psychologie sprechen wir hier von der sogenannten Parentifizierung. Diese Rollenumkehr überfordert das Kind auf Dauer enorm, denn es verliert seine kindliche Sorglosigkeit, Spontanität und Lebhaftigkeit.

Trennungskinder sind häufiger verhaltensauffällig, wie äußert sich das?

Für Kinder und Jugendliche bricht oft eine Welt zusammen, wenn sich ihre Eltern trennen. Außerdem besteht die Gefahr, dass sie in dieser Phase emotional und real vernachlässigt oder durch Machtspiele der Eltern missbraucht werden. Als Folge können sie mit emotionalem Rückzug, psychosomatischen Beschwerden wie Kopfschmerzen, depressiven Verstimmungen oder aggressiven Ausbrüchen reagieren. Manche Jugendlichen haben auch das Gefühl, früher und schneller als andere in ihrem Alter unabhängig und erwachsen sein zu müssen. 
Wann sollte man sich professionelle Hilfe holen?

Wenn man merkt, dass der Zustand des Kindes nicht besser wird oder sich sogar verschlechtert. Dies erkennt man auch daran, dass das Verhalten des Kindes deutlich von dem anderer Kinder abweicht. In diesem Fall rate ich, die professionelle Hilfe von Familien- und Erziehungsberatungsstellen oder Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten in Anspruch zu nehmen.

Welche Kompetenzen können Kinder durch eine „vorbildliche“ Trennung der Eltern erwerben?

Im Idealfall lernen die Kinder, dass Krisen konstruktiv gemeistert werden können. Die Trennung der Eltern zeigt ihnen außerdem, dass man in Beziehungen nicht auf Gedeih und Verderb zusammenbleiben muss und auch, wenn man nicht immer einer Meinung ist, respektvoll und wertschätzend miteinander umgehen kann. Manche Trennungskinder entwickeln eine innere Reife und werden selbstständiger. Ein weiterer positiver Aspekt kann sein, dass Kinder ihre getrennt lebenden Elternteile individueller kennenlernen – ihre Stärken und Schwächen, die vorher in der Paarbeziehung vielleicht weniger sichtbar waren oder sogar miteinander konkurriert haben, können als Ergänzung erlebt werden. Einige Kinder, deren Eltern es nach einer Trennung gelingt, sich feste Zeiträume mit ihnen einzuplanen, beschreiben auch, dass ihre Bindung und Beziehung zum jeweiligen Elternteil nach der Trennung stabiler und intensiver wurden.

Dr. Klaus Riedel

Von Dr. Klaus Riedel

Dr. Klaus Riedel (www.klaus-riedel.de) ist approbierter Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut. In seiner Bielefelder Praxis bietet er Psychotherapie für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene an. Supervision und Selbsterfahrung, Seminare, Fort- und Weiterbildungen sowie Veröffentlichungen runden das Angebot ab.

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