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Datum:23.06.2020 - Kategorie:Gesundheit
Lesedauer:ca. 13 Min.

Resilienz – Kraft in der Krise

Krisen gehören zum Leben. Manche Menschen stürzen sie in ein Meer aus Verzweiflung und Ohnmacht, andere wachsen an ihnen und schöpfen schnell neuen Mut. Wie innere Stärke entsteht und wie wir sie formen und fördern können.

An einem Sonntag vor zwei Jahren spricht Christin zum letzten Mal mit ihrem Vater. Sie bricht, ohne etwas Böses zu ahnen, zu einer Studienfahrt nach Barcelona auf. Zwei Tage später, mitten in der Nacht, ruft ihre Mutter aus dem Krankenhaus an. Zu diesem Zeitpunkt lebt ihr Vater schon nicht mehr. Als er schlief, ist ein Aneurysma, ein erweitertes Blutgefäß, in seinem Kopf geplatzt. Er zuckte, krampfte, wurde vom Rettungswagen abgeholt – und verstarb auf dem Weg in die Notaufnahme. Es war der größte Schock in Christins Leben. Zerbrochen aber ist sie daran nicht. Seit einem halben Jahr hat sie ihren Masterabschluss in der Tasche, sie ist erfolgreich ins Berufsleben gestartet und lebt in einer glücklichen Beziehung. Sie vermisst ihren Vater, ist aber dankbar für die schöne Zeit mit ihm.

Der Tod eines nahen Angehörigen. Gescheiterte Beziehungen. Stress, Druck und Frust über einen längeren Zeitraum. Krisen ziehen sich durch fast alle Lebensläufe und können uns den Boden unter den Füßen wegreißen. Umso bewundernswerter sind Menschen, die selbst schlimmste Schicksalsschläge wegstecken und wie Stehaufmännchen immer wieder die Kraft finden, sich aufzurappeln. Diesen Wesenszug, sich nie aus der Bahn werfen zu lassen, nennen Psychologen, Ärzte, Forscher und Therapeuten Resilienz. „Resilienz ist für die Psyche das, was das Immunsystem für den Körper ist: eine Art seelischer Schutzschild“, sagt Diplom-Psychologin Anke Precht. Schon der eigentliche Wortsinn weist auf die besondere Widerstandskraft hin: Der Begriff Resilienz stammt aus der Physik und beschreibt die Eigenart elastischen Materials wie zum Beispiel Gummi, stets in die ursprüngliche Form zurückzufinden. Wie aber erlangen wir Menschen diese innere Stärke? Ist sie angeboren oder lässt sie sich erlernen?

Krisen machen uns stark

Ein Muskel wächst, wenn er gefordert wird. Benutzen wir ihn nur selten, entfaltet er nie ein ganzes Potenzial. Trainieren wir ihn aber, wird er von Mal zu Mal, von Übung zu Übung stärker und wir können uns auf seine besondere Kraft verlassen, wenn wir sie brauchen. Ähnlich verhält es sich mit der inneren Stärke. „Genau wie das körperliche entsteht auch das seelische Immunsystem aus einem Zusammenspiel von Herausforderungen“, erklärt Anke Precht. Das heißt, auch die Psyche muss Attacken ausgesetzt sein, um die nötigen Abwehrkräfte zu bilden. Erst Stress, Belastung, Momente der Trauer, Enttäuschungen und des Scheiterns lassen uns wachsen und reifen. Die Weichen dafür werden schon in der Kindheit gestellt:

Menschen, die in ihrer Kindheit zu beschützt und überbehütet aufwachsen, ohne auch mal kräftig auf die Nase zu fallen, wo die Eltern alle Hürden aus dem Weg räumen, sind häufig weniger resilient.

Wer schon von Kindesbeinen an nicht lernt, Probleme zu lösen, wird es später oft erst recht nicht können. Das gilt aber auch umgekehrt: Menschen, die unsicher aufwachsen, kalt, lieblos und ohne emotionale Bezugsperson, haben es als Erwachsene häufig schwer, Krisen zu meistern. Vertrauen lautet das Zauberwort – in sich selbst, aber auch in seine Umwelt. Es ist wichtig, Menschen an seiner Seite zu wissen, einen Verwandten oder auch einen Lehrer, der einem das Gefühl gibt, etwas wert zu sein. Kinder, die in einem stabilen sozialen Umfeld aufwachsen, irgendwo in der Mitte zwischen „Überbehütung“ und „Alles laufen lassen“, stecken Schmerzen und Enttäuschungen besser weg – und lernen aus ihnen. 

Das Kernmerkmal resilienter Menschen nennen wir Selbstwirksamkeitsüberzeugung.

Resilienz lässt sich trainieren

Die Lebensumstände, in die wir hineingeboren werden, liegen nicht in unserer Hand. Genauso wenig wie bestimmte Charaktermerkmale, die wir buchstäblich in die Wiege gelegt bekommen. Der überzeugte Optimist, für den das Glas immer halbvoll ist, besitzt tendenziell bessere Chancen, Probleme zu bewältigen als der Berufspessimist, der hinter jeder dunklen Wolke ein heraufziehendes Gewitter vermutet. „Das Kernmerkmal resilienter Menschen nennen wir Selbstwirksamkeitsüberzeugung“, sagt Anke Precht. Das bedeutet, zu wissen und zu spüren, dem Schicksal nicht hilflos ausgeliefert zu sein, sondern Situationen durch das eigene Handeln positiv beeinflussen zu können. Selbstwirksamkeitsüberzeugung setzt sich dabei aus verschiedenen Eigenschaften zusammen. Eine bedeutende Rolle spielt die Selbstfürsorge: Wer sich gut um die eigenen Bedürfnisse kümmert, wer zum Beispiel genug schläft und auch mal „Nein“ sagen kann, reduziert seinen Stresslevel und schärft das Bewusstsein fürs eigene Ich. Genauso wichtig ist ein handlungsorientierter Lebensstil: Wer das macht, was er möchte, wer seine Träume lebt, statt sein Leben zu verträumen, lernt, Herausforderungen anzunehmen und Ziele konsequent zu verfolgen. Die gute Nachricht: Menschen, die solche Eigenschaften nicht von Geburt an in sich tragen, können sie im Laufe ihres Lebens formen und fördern. „Resilienz lässt sich in jedem Alter trainieren“, sagt die Psychologin. Achtsamkeitstraining kann helfen, aber auch regelmäßige Bewegung oder ein Dankbarkeitstagebuch.

Es gibt viele kleine Übungen, um das seelische Immunsystem auf ganz natürliche Weise zu stärken.

Machen wir uns solche Verhaltenstipps zur Gewohnheit, geraten wir in eine Aufwärtsspirale zum Optimismus: Man stärkt die eigene Widerstandskraft und gewinnt Schritt für Schritt mehr Selbstvertrauen. Der Horizont erweitert sich, man kommt bei sich selbst an und lernt, selbstbestimmt zu handeln und Entscheidungen zu fällen. „Der Weg zu innerer Stärke ist beschwerlich – er lohnt sich aber immer“, sagt Anke Precht.

„Menschliche Nähe ist die wichtigste Medizin“

Die Corona-Krise stellt uns vor besondere Herausforderungen – und macht den Ausnahme- zum Normalzustand. Wir haben Anke Precht gefragt, wie wir psychisch gesund und stark durch diese Zeit kommen.

Frau Precht, was ist das Besondere an der Corona-Krise?

Sie fordert die Menschen existenziell, weil sie uns gleich mehrfach trifft: gesundheitlich, wirtschaftlich und im schlimmsten Fall durch menschliche Verluste. Das ist selbst für resiliente Menschen schwer zu verpacken. Alles, was wir bisher als normal empfunden haben und was wir täglich getan haben, wird infrage gestellt. 

Warum reagieren die Menschen so unterschiedlich?

Menschen, die sich überfordert fühlen, reagieren mit starkem körperlichen Stress. Das Nervensystem kennt dann nur drei Reaktionsmöglichkeiten: Flucht, Angst oder Totstellen. Weil die Meisten aktuell überfordert sind, reagieren sie eben, so gut sie können, indem sie hamstern, sich verstecken, die Probleme leugnen oder aggressiv werden. Das sind ganz natürliche, menschliche Reaktionen.

Was können wir tun, um gut durch die Krise zu kommen?

Die wichtigste Medizin sind menschliche Nähe und Gemeinschaft. Genau diese fehlt den Menschen momentan – und zwar besonders, wenn sie alleine leben. Es ist also umso wichtiger, sich mit anderen Menschen zusammenzutun, zu telefonieren, spazieren zu gehen, und sich gegenseitig zu unterstützen, um zu spüren: Wir sind nicht alleine. Dann kann die Angst nachlassen – und es entstehen neue Kreativität und Lösungsansätze.
 

Anke Precht ist Diplom-Psychologin mit eigener Praxis in Offenburg. Neben ihrer Tätigkeit als Speakerin und Mentaltrainerin hat sie auch mehrere Bücher veröffentlicht – so auch zuletzt den Ratgeber „Jetzt stark werden! Wie die Corona-Krise zur Chance für unser inneres Wachstum wird“. 

So stärken Sie Ihre Resilienz:

  • Denken Sie positiv! Glauben Sie daran, eine Lösung zu finden. Versuchen Sie, beide Seiten einer Krise zu sehen – die Gefahren und Risiken, aber auch die Chancen.
  • Setzen Sie sich realistische Ziele! Wer sich vornimmt, zwei statt gleich zehn Kilogramm abzunehmen, hat bessere Chancen, sein Ziel auch zu erreichen – und sein Selbstbewusstsein zu stärken.
  • Übernehmen Sie Verantwortung! Wer die Schuld für Probleme bei anderen oder bei den Umständen sucht, begibt sich in die Opferrolle. Die Schuldfrage hilft aber nicht weiter. Sie selbst können Ihre Situation verändern, indem Sie Lösungen finden.

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