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Datum:03.11.2020 - Kategorie:Familie
Lesedauer:ca. 14 Min.

Kolumne: Warum die Eingewöhnung bei der Tagesmutter nichts für Feiglinge ist

Als ich meinen Sohn in den vergangenen Wochen bei der Tagesmutter eingewöhnt habe, lernte ich nicht nur über ihn und Kinder im Allgemeinen viel, sondern auch über mich. Was das war und warum die Zeit für mich herausfordernder war als für ihn, lesen Sie im Artikel.

Ehrlich gesagt klammere ich etwas, was unseren Sohn angeht. Milo wird seit Mitte August bei der Tagesmutter eingewöhnt. Ich hatte mir vorher monatelang Gedanken gemacht, wie das werden würde. Unser Plan: Fünf Stunden sogenannte Fremdbetreuung. Fünf Stunden! Das erschien mir ewig. Ich war seit einem Jahr 24/7 mit ihm zusammen und sollte jetzt den halben Tag ohne ihn sein? JEDEN TAG?! Bislang hatte ich Milo nur stundenweise abgegeben. Dreieinhalb-stündige Ausflüge allein mit Papa waren die längste Trennung.

Der erste Tag bei der Tagesmutter rückte näher und fühlte sich an wie der erste Schultag nach den Sommerferien. Während ich mich seit Wochen mit „Ich gebe mein Kind ab“-Vorwürfen marterte, freute sich Milo über die Menschen, die er kennenlernte. Das viele Spielzeug fand er klasse und spielte sofort los.

Auf die Tagesmutter ging Milo offen zu: Nach zwanzig Minuten krabbelte er halb auf ihren Schoß. Fremdeln? Keine Spur. Am zweiten Tag ging ich testweise in den Nebenraum. Milo schien das kaum zu bemerken, so beschäftigt war er. Ab da arbeitete ich täglich in der Küche am Laptop. Zu mir wollte er nur, als sie auf dem Weg in den Garten an mir vorbeikamen und er mich sah.

Wer gewöhnt hier eigentlich wen ein?

Am fünften Tag fuhr ich für eine Stunde nach Hause und blickte in den Rückspiegel. Der Kindersitz auf der Rückbank war leer, das schmerzte mich. Milo dagegen hatte mich beim Abschied angelächelt, als wollte er sagen: Fahr‘ du mal, Mama. Ich habe hier eine gute Zeit.

Wer gewöhnt hier eigentlich wen ein? Ich musste mich mehr daran gewöhnen, ohne ihn zu sein als andersherum, schien mir. Loslassen ist bislang nicht meine Stärke. Als eine Bekannte mit Milo das erste Mal spazieren war, tigerte ich nach einer Stunde durch die Wohnung und guckte aus dem Fenster, ob sie schon in Sicht seien. Nach etwas über einer Stunde rief ich an und fragte, ob alles in Ordnung sei. Und fand mich schrecklich klammernd.

So nervös wie vor einer mündlichen Prüfung

Wir dehnten Milos Zeit bei der Tagesmutter ohne mich aus, mein Sohn war nicht minder gut gelaunt. In Woche vier wollten wir das erste Mal probieren, ob er dort Mittagsschlaf macht. Ich war zu Hause so nervös, als hätte ich gleich eine mündliche Prüfung. Als es auf 12 Uhr zuging – die mittägliche Zubettgehzeit – beschleunigte sich mein Puls, ich bekam heiße, rote Wangen und konnte mich nicht mehr auf die Arbeit konzentrieren. 

Ich dachte an mein armes Kind, dass gleich so leiden würde, wenn es ohne mich, ohne Stillen einschlafen sollte. Mein Blick wanderte gefühlte 50 Mal zu meinem Handy. Ich war sicher, die Tagesmutter riefe gleich an und teile mir mit, mein Sohn lasse sich nicht hinlegen und finde keinen Schlaf. Ich stand mental in den Startlöchern, um sofort ins Auto zu springen. Doch das Handy klingelte nicht. Als ich Milo um 14 Uhr abholte, erzählte die Tagesmutter, er habe erst protestiert und sei eingeschlafen, als sie ihm den Rücken kraulte.

Manchmal füllen wir mit unseren Kindern unsere Leerstellen. (Tanja Conrad, Journalistin)

In den nächsten Tagen war ich kaum erleichtert über die wiedergewonnene Freiheit. Das Gefühl kam zwischendurch nur kurz auf. Dafür erfasste mich ein regelrechter Blues. Ich trauerte, dass Milo nicht bei mir war. Dass dieses sehr intensive erste Jahr nun vorbei war. Dass ich jetzt nicht mehr so viel Zeit mit ihm verbringen konnte. Veränderten sich gerade meine Hormone? Ich fand meine Reaktion heftig. Vielleicht gibt es da in mir eine alte Wunde, an die das Betreuungsthema rührt. Während ich meinen Gedanken nachhing und meinen Gefühlen nachgab, stellte ich fest, wie groß Milo war. Dass er mit einem Jahr gut einige Stunden ohne mich sein konnte, sogar woanders schlafen konnte. Tja, was das Hirn weiß, fühlt das Herz noch lange nicht.

Selbst die ganz Kleinen können und schaffen oft deutlich mehr, als wir ihnen zutrauen. (Tini Falkenhagen, Diplom-Pädagogin, arbeitet in einem Kindergarten, im Magazin "Leben und erziehen")

Zu der 2-jährigen Lara (Name geändert), die die Tagesmutter neben Milo betreut, versuchte Milo wiederholt Kontakt aufzunehmen. Mit Blicken, oder indem er auf sie zu krabbelte. Sie hielt nichts davon. Kam er näher, sagte sie entschieden „Nein!“. Milo guckte mit großen Augen, manchmal fing er an zu weinen. Doch seine Grundstimmung blieb gut.

Lara bricht jedes Mal in Tränen aus, wenn die Tagesmutter Milo auf den Arm nimmt. Das stört ihn nicht. Auch zwischendurch weint sie. Kommt Milo in Laras Reichweite, schlägt sie ihm manchmal den Arm weg. Milo guckt erstaunt. Und spielt weiter. 

Am liebsten würde ich mein Kind vor jeglicher negativer Erfahrung schützen

Ich würde mein Kind gerne davor schützen. Am besten vor jeglicher negativer Erfahrung. Schöne Grüße von der Übermutter. Milo sollte nur freundliche Kinder um sich haben, die offen sind, gestehe ich mir meinen lebensfremden Wunsch ein. 

Denn was wäre, wenn Milo ausschließlich positive Erfahrungen machte? Dann wüsste er die vermutlich nicht zu schätzen, weil er keinen Vergleich hätte. Wir brauchen etwas, um uns und unsere Erfahrungen in Relation zu setzen. Groß im Vergleich wozu? Schnell oder langsam verglichen mit wem oder was? Die Bandbreite unserer Gefühle und Erfahrungen macht das Leben bunt, nicht die Eintönigkeit. Schreib ich mir vielleicht mal an den Badezimmerspiegel. Um mich immer wieder daran zu erinnern.

Kinder leben im Moment

Meine Gefühle hinken noch hinterher. Emotional brauche ich manchmal etwas länger, um umzusetzen, was im Kopf längst klar ist. „Mein Kind erfährt jeden Tag Ablehnung“, dachte ich vor ein paar Tagen, als Lara Milo mal wieder haute und ihn nicht neben sich auf der Bank sitzen ließ. Ich merke, dass Milo das nicht so empfindet. Er bewertet und interpretiert Laras Verhalten nicht. Er nimmt es hin. Sie will nicht mit mir spielen? Ok, dann mache ich etwas anderes. Sie weint, weil ich auf dem Arm bin? Darf sie. Kinder in dem Alter schlussfolgern nicht "Sie mag mich nicht" oder "ich werde hier abgelehnt". Das sind alles meine Kopfgeburten. Kinder leben im Moment. Eine Fähigkeit, die vielen Erwachsenen abhandengekommen ist.

Ging die Eingewöhnung zu schnell?

In der fünften Woche schlief Milo nur noch sehr gestückelt und kurz bei der Tagesmutter. Teilweise schlief er nur eine halbe Stunde. Er weinte viel und wollte sich nicht hinlegen lassen. Er komme nicht zur Ruhe und wolle weiterspielen, erzählt die Tagesmutter. Bis er erschöpft auf dem Sofa einschlief. Die Tagesmutter vermutet, es liege daran, dass ich Milo zum Einschlafen stille. Das fehle ihm. Vielleicht ging auch die Eingewöhnung zu schnell?

Auf jeden Fall hole ich ihn jetzt wieder um 12 Uhr ab und er schläft zu Hause. Das bringt mich beruflich etwas in Schwierigkeiten. Auch, wenn ich selbstständig arbeite und mir die Zeit einteilen kann.

Es läuft anders als gedacht – und genauso wie gedacht

Es läuft anders als gedacht mit der Betreuung. Und gleichzeitig läuft es genauso wie gedacht. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, Milo fünf Stunden bei der Tagesmutter zu lassen. Und ich finde, dass es für ihn schöner ist, zu Hause zu schlafen. Er erfüllt also genau meine (heimliche) Absicht. Mit meinen Gedanken erschaffe ich mein Leben! 

Auch wenn ich gerade kämpfe, um auf meine Arbeitsstunden zu kommen. Ich sehe, dass es mir irgendwie gelegen kommt, dass Milo zu Hause schläft. Wenn wir also darüber klagen, dass es nicht so läuft, wie wir wollen, dürfen wir uns bewusst machen, dass es auf einer bestimmten Ebene meist doch so läuft, wie wir wollen. Was haben wir damit zu tun? Übernehmen wir bewusst Verantwortung für unsere Motive, Gedanken und Taten? Ich weiß, das klingt unbequem. Aber wer bekommt schon Kinder, um es bequem zu haben?

Anne Neul

Von Anne Neul

Anne Neul ist Life Coach, Netzwerkerin und freie Gesundheitsjournalistin. Sie ist Mutter eines Sohnes und einer Tochter. Ihre Themen-Schwerpunkte sind Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit, Gesundheit und Familie.

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