Schwangerschaftsdiabetes: Ursachen, Risiken, Behandlung
Schwangerschaftsdiabetes, auch Gestationsdiabetes genannt, gilt als eine der häufigsten Komplikationen während der Schwangerschaft. Was es mit der Erkrankung auf sich hat, wie sie diagnostiziert und behandelt wird, erklärt uns Diabetologe Dr. Andreas Lechner.
Herr Dr. Lechner, wann spricht man von einer Schwangerschaftsdiabetes?
Als Gestationsdiabetes bezeichnet man einen erhöhten Blutzuckerspiegel, der während der Schwangerschaft erstmalig auftritt. Diese spezielle Form der „Zuckerkrankheit“ taucht bei etwa fünf Prozent aller Schwangeren auf und verschwindet in der Regel nach der Entbindung wieder.
Welche Ursachen stecken hinter der Erkrankung?
Während der Schwangerschaft steigt der Insulinbedarf des Körpers stark an. Insulin wird von der Bauchspeicheldrüse produziert und ist notwendig, um den Blutzuckerspiegel zu senken und Zucker in Körperzellen aufzunehmen. Manche Frauen aber stellen aufgrund einer individuellen Veranlagung zu wenig Insulin her. In der Folge können sie den Zucker nicht mehr richtig verwerten, der Blutzuckerspiegel steigt an – und Schwangerschaftsdiabetes entsteht.
Gibt es Frauen, die besonders gefährdet sind?
Die Risikofaktoren sind vielfältig. Als maßgeblich aber gelten Übergewicht, Bewegungsmangel sowie die genetische Veranlagung. Auch Frauen, die während der Schwangerschaft exzessiv zunehmen, neigen zu Schwangerschaftsdiabetes.
Meist verursacht Schwangerschaftsdiabetes keine auffälligen Symptome. Wie wird die Erkrankung denn diagnostiziert?
Mit einem Zuckerbelastungstest, dem sogenannten oralen Glukose-Toleranztest, der allen gesetzlich Versicherten zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche zusteht. Hierbei bekommen sie vom Frauenarzt 50 Gramm in Wasser aufgelöste Glukose zu trinken. Eine Stunde später wird aus der Vene Blut abgenommen und geschaut, ob der Blutzuckerwert über oder unter bestimmten Grenzwerten liegt.
Was wird gemacht, wenn der Blutzuckerwert auf oder über dem Grenzwert liegt?
Dann folgt ein zweiter, „großer“ Zuckerbelastungstest mit 75 Gramm Glukose und drei Blutzuckermessungen, die ebenfalls alle von der Krankenkasse übernommen werden. Wird einer von drei definierten Grenzwerten erreicht oder überschritten, liegt ein Schwangerschaftsdiabetes vor.
Wie sieht die anschließende Behandlung aus?
Entscheidend ist, die Blutzuckerwerte in einem gesunden Bereich zu halten. Dafür überweist der Frauenarzt die Patientinnen zu einem Diabetologen, wo sie geschult werden, ihren Blutzucker selbst zu messen. Außerdem bekommen die Patientinnen dort eine individuelle Ernährungsberatung, die ihnen hilft, den Blutzucker zu regulieren.
Die besten Mittel gegen Schwangerschaftsdiabetes sind gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung
Das bedeutet, Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes werden angehalten, auf ihre Ernährung zu achten?
Genau. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die Zucker und Weißmehl, die medizinisch auch als Glukose bezeichnet werden und in vielen Lebensmitteln enthalten sind. Den Patientinnen wird gezeigt, um welche Speisen und Getränke sie lieber einen Bogen machen sollten – und wie sie ihre Mahlzeiten sinnvoll über den Tag verteilen können. Eine Ernährungsumstellung in Kombination mit viel Bewegung reicht für gewöhnlich aus, um die Blutzuckerwerte in einem normalen Rahmen zu halten.
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Welche Lebensmittel sind gut?
Eine ballaststoffreiche Ernährung hilft, Blutzuckerschwankungen zu vermeiden. Gute, komplexe Kohlenhydrate, wichtige Mineralstoffe und Vitamine finden sich zum Beispiel in:
- Vollkornbrot und Vollkorngebäck
- Kartoffeln, Naturreis und Haferflocken
- Hülsenfrüchten wie Nüssen und Erbsen
- Gemüse und Obstsorten wie Zitrus- und Beerenfrüchten
- fettarmen Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten
- Früchten- und Kräutertees, Kaffee, Mineral- und Sodawasser
Welche Lebensmittel sind "schlecht"?
Zuckerhaltige Speisen und Weißmehlprodukte strömen regelrecht ins Blut und katapultieren den Blutzuckerspiegel in die Höhe. Auf folgende Lebensmittel sollte man lieber verzichten:
- Weißmehlprodukte wie Toastbrot, Nudeln und Cornflakes
- Zucker in reiner Form, aber auch in Honig, Ahornsirup, Keksen, Schokolade und Co.
- Weintrauben, Zwetschgen, Birnen, Ananas und Bananen, weil diese Früchte sehr viel Zucker enthalten
- zuckerhaltige Getränke wie Limonaden, Eistee und Fruchtsäfte
Und was passiert, wenn sich die Blutzuckerwerte auch durch eine Ernährungsumstellung und mehr Bewegung nicht senken lassen?
Dann ist es zwingend erforderlich, zusätzlich Insulin zu spritzen. Bei Insulin handelt es sich um ein körpereigenes Hormon, das den Blutzucker senkt. Etwa eine von drei Patientinnen benötigt eine solche Behandlung. Wie häufig es gespritzt werden muss, ist dabei von Fall zu Fall unterschiedlich.
Welche Folgen kann es haben, wenn ein Schwangerschaftsdiabetes nicht erkannt oder bewusst nicht behandelt wird?
Ein unbehandelter Gestationsdiabetes kann ernste Folgen für die werdende Mutter, aber auch fürs ungeborene Kind nach sich ziehen. Die Schwangeren können unter Bluthochdruck, Nieren- und Harnwegsinfektionen leiden. Außerdem sind sie besonders häufig gezwungen, ihre Babys per Kaiserschnitt auf die Welt zu bringen.
Woran liegt das?
Weil die Mutter über die Platzenta zu viel Glukose ans Baby weiterleitet, reagiert dieses mit einer verstärkten Insulinproduktion. Die Kinder werden in der Folge zu groß und zu schwer, was eine natürliche Geburt schwierig bis unmöglich macht. Erhöhte Blutzuckerwerte können auch zu Entwicklungsstörungen bestimmter Organe wie der Lunge oder der Leber führen.
Unbehandelter Gestationsdiabetes kann ernste Folgen für die werdende Mutter, aber auch fürs ungeborene Kind nach sich ziehen
Wie können Schwangere diesen Risiken vorbeugen?
Durch einen gesunden Lebensstil kann Schwangerschaftsdiabetes in sehr vielen Fällen verhindert werden. Dabei kommt es im Wesentlichen auf eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung an. Auch Stress sollte möglichst reduziert werden, weil er den Blutzuckerspiegel in die Höhe treiben kann.
Wie geht es nach der Geburt weiter? Was gilt es zum Beispiel beim Stillen zu beachten?
Es ist ratsam, sich schon einige Wochen vor der Geburt durch eine Hebamme ausführlich über die praktischen Aspekte des Stillens zu informieren. Wir empfehlen, das Baby vier bis sechs Monate zu stillen und dann schrittweise mit Beikost zu beginnen. Eine genaue Beratung bekommt man beim Kinderarzt.
Verschwindet der Schwangerschaftsdiabetes wieder?
In den meisten Fällen verschwindet er nach der Geburt. Ein erneuter Zuckerbelastungstest im ersten Jahr nach der Geburt verschafft hier Klarheit. Allerdings ist das Risiko für einen erneuten Schwangerschaftsdiabetes sowie für Typ-2-Diabetes in den darauffolgenden Jahren erhöht. Durch einen nachhaltig gesunden Lebensstil lassen sich diese Risiken aber erheblich reduzieren.
Von PD Dr. med. Andreas Lechner
PD Dr. med. Andreas Lechner, forscht am Klinikum Diabeteszentrum der Ludwig-
Maximilians-Universität-München und im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung.