Wie wir unsere Gelenke gesund halten
Bewegungen gehören zu den komplexesten Vorgängen im menschlichen Körper. Zwischen dem Impuls im Gehirn bis zur Muskelkontraktion vergehen nur Sekundenbruchteile. Dafür, dass wir die Arme reibungslos kreisen und den Kopf drehen können, sorgen die Gelenke. Sie verbinden die Knochen miteinander und bilden mit den Sehnen, Bändern und Muskeln ein ausgeklügeltes System. Alle Gelenke folgen dabei einem charakteristischen Aufbau: Sie bestehen aus den Gelenkflächen, also dem Gelenkkopf des einen Knochens und der Gelenkpfanne des anderen Knochens. Das komplette Konstrukt ist von einer Knorpelschicht überzogen, die Druck und Stöße abfedert. Diese Knorpelschichten sind nicht durchblutet: Stattdessen sind sie von einer Gelenkflüssigkeit umgeben, die sie ernährt – vorausgesetzt, wir stellen ihr Nährstoff-Nachschub bereit.
Gelenke essen mit
Knirschende Knie, schmerzende Hüften, steife Finger: Etwa 20 Prozent aller Erwachsenen leidet unter Gelenkproblemen bzw. Arthrose, chronischen Schädigungen des Gelenkknorpels. Was aber sind die Ursachen für die Volkskrankheit? „Grundlegend ist ein Missverhältnis von Belastung und Belastbarkeit“, sagt die Orthopädin und Ernährungsmedizinerin Dr. Meike Diessner. Zu langes Sitzen am Schreibtisch oder im Auto, Vorerkrankungen, Verletzungen, X- oder O-Beine und schnelle Richtungswechsel bei Sportarten wie Fußball und Basketball können zu einem erhöhten Verschleiß führen. Auch die Ernährung spielt eine bedeutende Rolle: „Gelenke essen mit und schlechte Ernährung feuert Gelenkschmerzen so richtig an“, erklärt die Expertin. Als Brandbeschleuniger gilt der übermäßige Konsum stark verarbeiteter Lebensmittel, weil die darin enthaltenen Zusatz- und Konservierungsstoffe entzündungsfördernd wirken. „Auch zu viel Bauchfett dient als Hormonfabrik für unerwünschte Botenstoffe“, sagt Dr. Diessner.
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Lebensmittel für gesunde Gelenke
- Gemüse und Obst mit vielen entzündungshemmenden, sekundären Pflanzenstoffen, z. B. Lauch, Brokkoli, Blaubeeren und Äpfel
- Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse und Saaten
- Frischer Seefisch wie Lachs, Makrele und Thunfisch
- Pflanzliche Öle, z. B. Leinöl, Rapsöl und Walnussöl
- Mineralwasser, Tees und Säfte
Nix geht, wenn sich nix bewegt
Damit es zu keinen Entzündungen kommt und wie geschmiert läuft, empfiehlt die Orthopädin eine gesunde, ausgewogene Ernährung und viel Bewegung. „Gelenke lieben Abwechslung“, sagt Dr. Diessner. Schwimmen, Walken, Radfahren, Gymnastikübungen, Training auf dem Crosstrainer – gleichförmige Bewegungsformen bieten kaum Verletzungsrisiken. Auch Ballsportarten kommen infrage, solange die Gelenke gesund und fit sind. „Der Knorpel saugt sich dabei wie ein Schwamm voll mit Nährstoffen aus der Gelenkflüssigkeit.“ Legen wir uns stattdessen die ganze Zeit auf die faule Haut, kann das Gegenteil passieren: Der Knorpel verhungert, weil er keine Nährstoffe bekommt und wird brüchig. Ein klassischer Fall von Arthrose. „Nix geht, wenn sich nix bewegt“, sagt Dr. Diessner. Ist es schon zu spät, und die Gelenke schmerzen, empfiehlt sie Bewegung mit Köpfchen. Das heißt, Sportarten und Übungen sollten an die Belastbarkeit der Gelenke angepasst sein. Wer zum Beispiel vorgeschädigte oder schmerzende Gelenke hat, sollte Stop-and-go-Bewegungen wie beim Joggen oder Fußball vermeiden.
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Verschiedene Behandlungswege
Bei verschlissenen oder schmerzenden Gelenken ist es wichtig, sich früh genug professionelle Hilfe zu suchen. Zu Beginn kommt oft eine konservative Therapie zum Einsatz: Krankengymnastik, Massagen, Fango, Bandagen, Reizstrom, Akupunktur und entzündungshemmende Medikamente bringen oft Linderung.
Eine saubere Diagnose und eine multimodale Therapie, bei der Patient, Arzt und Physiotherapeut zusammenarbeiten, können langfristige Schmerzfreiheit ermöglichen.
Auch Wickel, Auflagen oder Kinesiotaping können helfen. Führt aber kein konservativer Weg zum Erfolg, kann eine Operation die Lebensqualität wiederherstellen, zum Beispiel durch einen künstlichen Gelenkersatz. Auch neue Behandlungsverfahren sind auf dem Vormarsch. Hier ist unter anderem die matrixasssoziierte autologe Chondrozytenimplantation (M-ACI) zu nennen. Bei dieser Methode werden dem Patienten körpereigene Knorpelzellen ins Kniegelenk eingebracht, um Knorpelschäden zu bekämpfen. Die M-ACI steht gesetzlich Versicherten voraussichtlich Ende 2022 als neue Kassenleistung zur Verfügung.
Eins ist klar: Das wirksamste Mittel gegen schmerzende Gelenke ist eine gesunde Einstellung zum Leben. Ausreichend Bewegung und ausgewogene Ernährung haben entscheidenden Einfluss darauf, wie lange wir beschwerdefrei laufen, tanzen oder hüpfen können.